Weihnachtliches Kulturgut trifft auf siebenbürgisches Brauchtum, und das alles vor prachtvoller Schlosskulisse: Mit dieser einzigartigen Kombination zog das Siebenbürgische Kultur- und Begegnungszentrum „Schloss Horneck e.V.“ (Schlossverein) am ersten Adventswochenende ein großes Publikum an.
„Macht hoch die Tür, die Tor macht weit, es kommt der Herr der Herrlichkeit“ heißt es in einem bekannten Adventslied. Diese Zeilen hätten nicht passender sein können, als am Samstag, dem 30. November 2024, die Tore von Schloss Horneck für den KulturTag im Advent geöffnet wurden. Rund 500 Gäste – weit mehr als erwartet – strömten im Laufe des Tages auf die Schlossterrasse und in das festlich geschmückte Schloss, um ein vielfältiges Kulturprogramm zu erleben. Die winterliche Kälte wurde von der Wärme der Gemeinschaft und der Vorfreude auf Weihnachten überstrahlt.
Ein Ort der Begegnung
Bereits um 12 Uhr startete der Essens- und Getränkestand auf der Schlossterrasse. Siebenbürger von nah und fern trafen sich, kamen ins Plaudern und genossen bei Mici und Glühwein den herrlichen Blick von der Terrasse auf das Neckartal. Auch Menschen aus der Region zog es zu der Veranstaltung, die in den Gundelsheimer Weihnachtsmarkt integriert war. Wer mehr über die Geschichte des Baudenkmals und dessen Umbau zum Siebenbürgischen Kultur- und Begegnungszentrum erfahren wollte, konnte sich einer historischen oder baulichen Schlossführung anschließen. Ein Info- und Weihnachtsstand im Schloss bot unter anderem Weihnachtsgebäck und Agnethler Nikoläuse an. Als um 14 Uhr das Programm im Festsaal anfing, waren alle Sitzplätze belegt, und auch ein Stehplatz ließ sich kaum noch ergattern.
Helge Krempels, der Vorsitzende des Schlossvereins, hieß die Gäste willkommen. Dabei begrüßte und dankte er den Ehrengästen, darunter Kerstin Arz, Kulturreferentin des Kulturwerks der Siebenbürger Sachsen aus Bayern, Hans-Werner Schuster, stellvertretender Vorsitzender des Kulturwerks, und Dr. Heinke Fabritius, Kulturreferentin für Siebenbürgen am Siebenbürgischen Museum. Das Kulturwerk förderte den Programmpunkt „Winterreise“ aus Mitteln des Bayrischen Ministeriums für Familien und Soziales. Die Kulturreferentin für Siebenbürgen war Kooperationspartnerin der Veranstaltung, gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM). Krempels dankte zudem Gerd Rheindt, der den KulturTag als Kulturpate unterstützte, aber leider nicht persönlich anwesend sein konnte. Kulturpaten spenden mindestens 500 Euro für ein lebendiges Kulturprogramm im Schloss. Ohne sie wären solche Veranstaltungen nicht möglich, weil auch eine öffentliche Förderung bei weitem nicht alle Kosten abdeckt.
Von Schubert bis Volkstanz
„Fremd bin ich eingezogen, Fremd zieh’ ich wieder aus.“ Mit diesen Worten beginnt die „Winterreise“, die Franz Schubert kurz vor seinem frühen Tod komponierte. Der Zyklus wurde von zwei Ausnahmekünstlern präsentiert, von Ilse Maria Reich am Klavier und ihrem Sohn Christoph Reich als Bariton.
Auf ergreifende Weise trugen sie alle 24 Lieder vor, die Themen wie Einsamkeit, Verlust und Sehnsucht behandeln, und ernteten dafür viel Applaus. Nach einem leckeren Kuchenbuffet, das von Cremeschnitten bis Doboschtorte reichte, und Kaffee in der Veranda zog es das Publikum wieder auf die Terrasse. Dort spielte das Karpaten-Orchester Heilbronn unter der Leitung von Helmut Haner „Weihnachtslieder und mehr“. Zum wiederholten Mal waren die Blasmusiker beim Weihnachtsmarkt in Gundelsheim dabei und zum zweiten Mal beim KulturTag im Advent. Dann der nächste Höhepunkt: Die Jugendtanzgruppe Heilbronn hielt Einzug auf der Terrasse und stellte ihr Können eindrucksvoll unter Beweis. Vor Kurzem erst hatten die jungen Tänzerinnen und Tänzer unter der Leitung von Stefanie Fuss und Michelle Hamrodi den 30. Volkstanzwettbewerb der Siebenbürgisch-Sächsischen Jugend in Deutschland (SJD) gewonnen.
Cantores Vivaces – ein Jubiläum im Zeichen der Musik
Im Inneren des Schlosses setzte sich die feierliche Stimmung fort: Der historische Festsaal bot eine angemessene Kulisse für das Jubiläumskonzert des ehemaligen Studentenchors „Cantores Vivaces“, dirigiert von Marianne Galbács-Seiwerth. 45 Jahre nach seiner Gründung in Klausenburg (Cluj), beweist der Chor bis heute, wie gut gemeinsames Singen verbindet. Das Konzertprogramm unter dem Motto „Madrigale und Weihnachtslieder leuchten in die Welt“ war von der vielsprachigen, weltoffenen Universitätsstadt inspiriert.
17 Lieder trug der Chor insgesamt vor, eines schöner als das andere. Ein ungarisches Volkslied war ebenso dabei wie spanische Chansons über die Liebe oder das schottische Traditionslied „Auld lang Syne“, ein spirituelles Lied aus Tansania, das jiddische Lied „Oj dortn“ oder auch das bekannte siebenbürgische Volkslied „Bäm ålde Kirschbum“. Das Volkslied „Der Himmel ist voller Stern“, präsentiert in der Mundart der Großpoldner Landler, erinnerte daran, dass die Kultur und Geschichte der Landler bei den letzten KulturWochenenden auf Schloss Horneck öfter Thema waren. Zum Abschluss erklang die bekannte rumänische Colindă „O ce veste minunată“. Mit seiner beeindruckenden, 32 Mitglieder starken Präsenz, dem mehrere Jahrhunderte und Sprachen umfassenden Repertoire und den informativen, humorvollen Erklärungen zwischen den Liedern sang sich „Cantores Vivaces“ in die Herzen des Publikums. Der gesamte Chor verzichtete auf Gage, Kost und Logis und wurde als Schlosskünstler geehrt.
Bevor das Programm weiterging, gab es eine wichtige Information in eigener Sache von Dr. Axel Froese, dem stellvertretenden Vorsitzenden des Schlossvereins. Denn auf das Siebenbürgische Kultur- und Begegnungszentrum wartet ein Großprojekt: Dach und Dachstuhl von Schloss Horneck müssen in den nächsten Jahren in mehreren Abschnitten saniert werden. Dr. Froese berichtete über die vorrestauratorischen Arbeiten, die bereits im Gange sind. Um das Großprojekt finanzieren zu können, werden zahlreiche Spenden benötigt. Spender ab 5000 Euro werden auf einer bleibenden Tafel im Schloss und in den Medien geehrt. Wichtig sind zudem möglichst viele Mitglieder für den Schlossverein, um wirksam Fördermittel anwerben zu können. Als Dachpate (5000 Euro Spende) wurde Walter König geehrt.
„Nun wird es romantisch und nachdenklich. Wir freuen uns auf zweimal Piringer aus Großpold“: So kündigte Moderatorin Franziska Fleischer den nächsten Programmpunkt an. Karl Heinz Piringer, Sänger der bekannten Gruppe De Lidertrun, leitete wie schon im Vorjahr das „Gemeinsame Singen bei Kerzenschein“. Er begleitete die Lieder teils am Klavier, teils an der Gitarre oder der Mundharmonika. Samuel Piringer, Pfarrer im Ruhestand, teilte zwischen den Liedern seine „Gedanken zum Advent“, etwa zur Botschaft des christlichen Festes oder zu Themen wie Aufbruch und Hoffnung. Vertraute Lieder wie „Leise rieselt der Schnee“ oder „Tochter Zion“ weckten Erinnerungen an vergangene Weihnachtsfeste. Das gemeinsame Singen schuf eine Nähe, die Worte allein nicht bewirken können. Die Geborgenheit in der Gemeinschaft und die Magie der Weihnachtszeit waren deutlich spürbar.
Vom Chor organisierter Gottesdienst
Der Kulturtag wurde von einer evangelischen Andacht am Sonntagmorgen ergänzt, die Pfarrer i.R. Peter Lösch und Pfarrer Siegfried Kolck-Thud im Festsaal gestalteten. Die Organisation hatte der Chor „Cantores Vivaces“ übernommen. Die Worte der beiden Pfarrer wurden von Chorgesang und von Marianne Galbács-Seiwerth am Klavier begleitet. Auf Initiative des Chores wurde eine Kollekte zugunsten der Dachsanierung von Schloss Horneck gestartet – herzlichen Dank dafür!
Hinter jeder Veranstaltung des Schlossvereins steckt ein kleines Team, das rein ehrenamtlich zahlreiche Rollen übernimmt und dabei oft an seine Grenzen geht. Der Vorstand und seine Helferinnen und Helfer sind zum Beispiel Kulturreferenten, Eventmanager, Techniker, Standbetreuer, Schlossführer, Grillmeister, Bäcker und Gastwirte. Sie haben dieses Adventswochenende im Schloss ermöglicht und zu einem unvergesslichen Erlebnis gemacht. Der größte Dank für die Ehrenamtlichen sind begeisterte Rückmeldungen der Mitwirkenden und Gäste wie diese von Marianne Galbács-Seiwerth: „Dank euch hat Schloss Horneck dieses wunderbare Etwas, das einen überwältigt, anregt und inspiriert. Man erliegt diesem Zauber und geht erfüllt, reicht beschenkt und dankbar in den Alltag zurück. Für uns, jedes einzelne Cantores-Wesen, war es von A bis Z ein außergewöhnlicher Höhepunkt.“ Auch Überraschungsgast Dr. Ingeborg Szöllösi, Südosteuropa-Referentin im Deutschen Kulturforum östliches Europa in Berlin, hatte viele Lobesworte für das gelungene Kulturprogramm und das umgebaute Schloss.Wenn Sie mehr über den Schlossverein und seine Aktivitäten im vergangenen Jahr erfahren möchte, empfehlen wir Ihnen die Vereinsnachrichten 2024, jetzt online abrufbar unter: https://lmy.de/BpeXt
Fotos: Volker Plattner