Tagung „Gründerzeit im Karpatenbogen. Die Industrialisierung Siebenbürgens 1867–1918“

Am 12. September 2020 veranstalten das Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa (BKGE) und der Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde e. V. Heidelberg (AKSL) eine Tagung zum Thema „Gründerzeit im Karpatenbogen. Die Industrialisierung Siebenbürgens 1867–1918".

Es handelt sich um die erste Veranstaltung nach der feierlichen Eröffnung des Siebenbürgischen Kulturzentrums Schloss Horneck am 10. Juli 2020. Das Schloss wurde zwischen 2017 und 2020 mit einer Förderung durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien umgebaut und beherbergt neben einem Begegnungszentrum das Siebenbürgische Museum und das Siebenbürgen-Institut an der Universität Heidelberg.

Im vergangenen Jahrzehnt wurde der Forschungsstand zur Wirtschaftsgeschichte Siebenbürgens durch mehrere Studien über das späte 19. und frühe 20. Jahrhundert, insbesondere zu den im Karpatenbogen lebenden Deutschen, erheblich erweitert. Ziel dieser Tagung ist es, die neuen Forschungsergebnisse an ein breites, an diesem Thema interessiertes Publikum zu vermitteln und mit diesem darüber zu diskutieren. Vor hundert Jahren beendete der Frieden von Trianon für Ungarn völkerrechtlich den Ersten Weltkrieg. Er setzte auch der jahrhundertealten Zugehörigkeit Siebenbürgens zum Länderkomplex der Stephanskrone ein Ende. Ein halbes Jahrhundert lang war Siebenbürgen Teil der ungarischen Reichshälfte der Habsburgermonarchie. Der Ausgleich der Habsburger mit den ungarischen Eliten von 1867 bedeutete für Siebenbürgen nicht nur den Beginn des Verlusts der Autonomie innerhalb der Donaumonarchie und der Magyarisierungspolitik der ungarischen Regierungen, sondern auch des Liberalismus, der Siebenbürgen in die Moderne katapultierte. Die Wirtschaftspolitik Budapests befreite das Gewerbe von den Resten der mittelalterlichen Zunftordnungen und schuf damit die Voraussetzungen für die Industrialisierung des Landes, die in Mitteleuropa auch als „Gründerzeit" Eingang in die Geschichtsbücher gefunden hat.

Für Siebenbürgen bedeutete diese Entwicklung, dass die ersten Fabriken „gegründet" wurden, aber auch, dass vor allem in der siebenbürgisch-sächsischen Gesellschaft ein fundamentaler Elitenwechsel stattfand. Einige Handwerker konnten ihre Betriebe zu Industrieunternehmen ausbauen und damit zu den größten Steuerzahlern der sächsischen Städte werden. Diesen „Gründern", ihren Söhnen und Schwiegersöhnen, aber auch den Angehörigen freier Berufe, vor allem Rechtsanwälten, gelang es relativ rasch, die wichtigsten politischen Ämter der Siebenbürger Sachsen zu besetzen und damit die Nachkommen der alten Patrizierfamilien aus den Ratsstuben zu verdrängen. Zahlreiche Angehörige der Industriellenfamilien prägten das literarische und künstlerische Leben der Siebenbürger Sachsen zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Wie konnten sich die ökonomischen und politischen Netzwerke der Gründerzeitindustriellen herausbilden? Wie wirkte sich die Industrialisierung auf das Zusammenleben der Sachsen mit ihren rumänischen und ungarischen Nachbarn aus? Welche Geschichten können uns die oft kunstvoll gestalteten Aktien der Gründerzeit erzählen und wie prägt noch heute das materielle Industrieerbe der Gründerzeit das Erscheinungsbild Siebenbürgens?
Auf diese Fragen werden die vier Vorträge der Tagung eingehen:

Dr. Dr. Gerald Volkmer (Oldenburg): Ökonomische und politische Netzwerke siebenbürgisch-sächsischer Gründerzeitindustrieller;
Dr. Stéphanie Danneberg (München): Interaktion und Abgrenzung zwischen rumänischen und sächsischen Gewerbeorganisationen in Hermannstadt und Kronstadt;
Hellmar Wester (Euskirchen): Siebenbürgische Wirtschaftsgeschichte der Gründerzeit im Spiegel der Aktien: Industriebetriebe, Banken, Infrastruktur;
Dr. Volker Wollmann (Obrigheim): Das siebenbürgisch-sächsische materielle Industrieerbe der Gründerzeit im Lichte historischer und aktueller Aufnahmen.
Am Abend folgen eine Führung durch das umgebaute Schloss Horneck durch den Vorsitzenden des Kulturzentrums, Hon.-Prof. Dr. Konrad Gündisch (München), und die Mitgliederversammlung des AKSL.

Programm

Termin
12. September 2020, 14:00 – 20:00 Uhr

Veranstaltungsort
Jugendstilsaal des Schlosses Horneck, Gundelsheim am Neckar

Anmeldung
Eine verbindliche Anmeldung zur Tagung muss bis zum 1. September 2020 beim Siebenbürgen-Institut schriftlich an info@no-spam-pleasesiebenbuergen-institut.de oder telefonisch unter (06269) 42150 erfolgen.
Dort erhalten Sie Auskünfte zu Übernachtungsmöglichkeiten in Gundelsheim. Wir bitten Sie, Ihre Übernachtungen selbständig zu buchen. Bitte warten Sie unbedingt eine Bestätigung Ihrer Anmeldung ab, da die Teilnehmerzahl aufgrund der Bestimmungen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie begrenzt sein wird. Sollten Anmeldungen aufgrund der Begrenzung nicht mehr berücksichtigt werden können, wird eine Warteliste eingerichtet. Spontane Teilnahmen werden nur möglich sein, falls einzelne Plätze unbesetzt bleiben. Die erforderlichen Vorkehrungen für die gesundheitliche Sicherheit der Teilnehmer (Abstandsregeln, Maskenpflicht) werden getroffen.